Kommt Nord Stream 2 nun doch?

Die Erdgaspipeline „Nord Stream 2“, die den fossilen Brennstoff auf dem Ostsee-Grund von Russland nach Deutschland transportieren soll,  wird nun wohl doch kommen. Die gleichnamige Betreibergesellschaft erhielt heute die Genehmigung zum Bau und zur Nutzung der Gasleitung in den deutschen Territorialgewässern und auf der Überlandstrecke im Gebiet Lubmin.

Das Bergamt Stralsund, das für Genehmigungen in den deutschen Küstengewässern zuständig ist, habe gemäß dem Energiewirtschaftsgesetz die offizielle Baugenehmigung für das 55 Kilometer lange Teilstück der Pipeline erteilt, meldet der Pressedienst des Unternehmens.

Der Manager für Genehmigungen der Nord Stream 2 AG, Jens Lange bejubelt die vielleicht wichtigste Entscheidung als einen riesigen Schritt zur Realisierung des Projektes. „Die Baugenehmigung ist Ergebnis eines intensiven Planungs- und Konsultationsprozesses.“, so Jens Lange. Aber er weiß auch, dass es kein Spaziergang wird, denn der Weg bis zum ersten Kubikmeter Gas aus dem neuen Rohr liegt nach wie vor von verschiedenen Seiten unter Beschuss. Da ist zum einen das  „friendly fire“ der NATO-Partner im Norden und Osten Europas. So hatte bekanntlich das dänische Parlament Ende November ein Gesetz gebilligt, das es ermöglicht, außen-, sicherheits- und verteidigungspolitische Interessen des Landes zu berücksichtigen, wenn es darum geht, Stromkabel und andere Leitungen in Hoheitsgewässern zu verlegen“.

Dennoch wird damit gerechnet, dass in den nächsten Wochen, Dänemark, Schweden und Finnland die Genehmigung für die Verlegung der Pipeline durch ihre territorialen Wirtschaftszonen erteilen. Auch Polen hatte bis zuletzt versucht, die USA zu bewegen, ihre Sanktionen auf die am Projekt beteiligten Unternehmen auszuweiten. Der Nachbar Deutschlands käme, wie auch die Ukraine, durch den Bau der Pipeline auf dem Grund der Ostsee um den Genuss von Transitgeldern, die eine über Land verlaufende Gasleitung abwirft. Wenn die polnische Regierung das Vorhaben schon nicht verhindern kann, will man wenigstens von Russland denselben Preis für das Erdgas haben, wie Deutschland, erklärte kürzlich der neu gewählte polnische Ministerpräsident Tadeusz Morawiecki. Aber auch die USA haben kein besonderes Interesse an dem Bau der Pipeline, weil sie ihr teures Fracking-Gas nach Europa verkaufen wollen.

Auch aus der EU-Kommission kam Sperrfeuer gegen Nord Stream 2. Die politischen Hintergründe liegen vor allem in der durch die baltischen Staaten und Polen vertretene konsequent russlandfeindliche Haltung, aber auch in der Unterstützung des assoziierten EU-Partners Ukraine.

Um diese Ziele zu erreichen hat die EU-Kommission vorgeschlagen, die EU-Gasdirektive auch auf Leitungen unter Wasser von außerhalb des Binnenmarktes auszudehnen. Das ist rechtlich allerdings kaum durchsetzbar, wie selbst die juristischen Dienste von EU-Kommission und -Rat feststellen mussten.

Auch Umweltverbände, wie der WWF und NABU Deutschland prüfen derzeit Möglichkeiten einer Klage gegen den Bau der Pipeline. Manager Lange sieht dem allerdings gelassen entgegen: „Wir sind uns der Verantwortung für diesen sensiblen Naturraum bewusst und haben dies in unseren Planungen berücksichtigt. Das schließt, neben Belangen der Umwelt, auch die Interessen anderer Betroffener ein, wie zum Beispiel der Schifffahrt und des Tourismus“.

So werden im Mai dieses Jahres höchstwahrscheinlich die ersten Bagger am geplanten Anlandepunkt Ludmin die Trasse von Nord Stream 2 vorbereiten.

Nach der Fertigstellung sollen jährlich 55 Mrd. m³ Gas aus Russland nach Deutschland strömen. Das ganze Projekt soll 9,5 Mrd. Euro kosten.

[Hartmut Hübner/russland.CAPITAL]

 

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